Samstag, 3. Oktober 2009

Europapokal

Diese Woche wurden endlich die Terminhäppchen für die nächsten Spielansetzungen serviert. Besonders die Vorfreude auf die erste Novemberwoche ließ mein Herz höher schlagen. Nachdem am 5. November die Celts in der Vorstadt gastieren werden, geht’s gleich am nächsten Tag mit unserem Heimspiel gegen die Fortuna aus Düsseldorf weiter.

Meine ursprünglichen Zweifel, an Karten für das Glasgower Spektakel im Volkspark zu kommen, lösten sich sofort in Wohlgefallen auf, nachdem ich das folgende Telefonat mit der Ticket-Hotline der St. Ellinger geführt hatte.

Netter Herr von der Vorstädter Ticket Hotline (NHvdVTH):
HSV-Ticket-Hotline, schönen guten Tag, was kann ich für Sie tun?

Olli: (in Erwartung, in den nächsten paar Sekunden schallend ausgelacht zu werden) Moin, ich hätte gerne vier Karten für das Spiel gegen Celtic.

(NHvdVTH): Sehr gerne, wo bitte möchten Sie sitzen?

Olli: Block 17, bitte.

(NHvdVTH): Da habe ich noch freie Plätze auf allen drei Rängen.

Olli: Dann die Günstigsten, C-Rang vermute ich?

(NHvdVTH): Richtig, macht mit Porto dann 164,- €. Möchten Sie mit Kreditkarte oder per Lastschrift zahlen?

Olli: Mir egal, machen wir meinetwegen Lastschriftverfahren.

Also gab ich meine Kontodaten durch.

(NHvdVTH): Wunderbar, die Karten schicken wir Ihnen in den nächsten Tagen zu. Kann ich sonst noch irgendetwas für Sie tun?

Olli: Danke nein, das war’s!

(NHvdVTH): Dann wünsche ich viel Spaß, Wiederhören!

Klick!

Mit heruntergelassener Kinnlade war ich noch völlig baff, wie schnell und unkompliziert das geklappt hatte, als mich der Besetztton wieder in die Gegenwart zurück holte.

Bei der Online-Bestellung soll das übrigens ähnlich reibungslos von Statten gehen. Aber Achtung! Wie mir berichtet wurde, muss man in diesem Fall die Kröte schlucken, an seinem Geburtstag um spätestens 00:02 Uhr eine Email mit den folgenden Worten zu empfangen:

Lieber HSV-Fan,
(…)
Wir wünschen Ihnen alles Gute zum Geburtstag!
(…)


Wer genug Größe hat, darüber hinwegzusehen, dass der Klub von der MVA zu den ersten Gratulanten zählt, kann also auch diesen Weg wählen. Aber sagt hinterher nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.

Gerade, weil das bei unseren Nachbarn alles so schön und einfach klappt, frage ich mich, was jetzt die Diskussion soll, Tickets für dieses Spiel an den FC St. Pauli abzugeben. Wie kompliziert und nervig es dann wird, Karten zu ergattern, weiß noch Jeder, der in der Schlange für das Pokalspiel bei Werder anstand. Aber vielleicht braucht der leidgeprüfte St. Pauli-Masochist genau das.

Es stellt sich allerdings die Frage, warum es eigentlich so leicht ist, an diese Tickets zu kommen, bzw. überhaupt diskutiert wird, Karten ausgerechnet an uns abzugeben?

Nun, das liegt zum Einen mit Sicherheit an den gepfefferten Preisen, zum Anderen ist aber bestimmt auch der neue Modus im ehemaligen UEFA-Cup mit einer Gruppenphase wie in der Champions League schuld.

Was den Vereinen die TV-Einnahmen aus mindestens sechs Partien garantiert, geht den Fans gewaltig auf die Eierstöcke. Spiele, die von taktischem Geplänkel dominiert werden, lassen nun mal kein Europapokal-Feeling aufkommen. Somit geht die interessante internationale Saisonphase leider erst nach Weihnachten los.

Deshalb freue ich mich in diesem Fall auch weniger auf das sportliche Kräftemessen, als auf ein Wiedersehen mit vielen schottischen Freunden und eine geile Party, die mindestens von Mittwoch bis Sonntag währt.


Welch skurrile Blüten die Verwässerung der Europapokal-Wettbewerbe mit Netz und doppelten Boden bei den Fans hervorruft, zeigt die Reaktion der Schickeria. Gerüchten zu Folge haben sich einige Mitglieder der Münchener Ultras anno 2007 diebisch gefreut, dass ihr Team nur Vierter geworden ist. Dadurch standen endlich mal andere Reiseziele als Manchester, Mailand oder Madrid auf dem Fahrplan.

Man mag so ein Gebaren als dekadent abtun, eines zeigt es gewiss:
Die Fans haben die Schnauze gestrichen voll von der Geldvermehrungsmaschinerie der UEFA, die neben fetter Kohle nur gähnende Langeweile garantiert.

Und wo ich schon mal in München bin, noch ein paar Worte zu unserem heutigen Gegner. Anfang der neunziger Jahre gab es ja wohl mal so etwas, wie eine Fanfreundschaft zwischen den 60ern und uns. Prima Medienkampagne war das damals, passten doch die beiden herrlich verrückten Underdogs vorzüglich zueinander. Mittlerweile habe ich für die Löwen-Fans nicht mal mehr Verachtung übrig. Wer so widerstands-
los seine Heimat, seinen Glauben, seine Kultur, ja eigentlich seine ganze Identität von geldgeilen Dilettanten massakrieren lässt, der ist wahrlich schon reif für die Champions-League.




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