Donnerstag, 30. Dezember 2010

LED, Titten und Gentrifizierung

St. Pauli verrecke, damit wir leben können?

Ungenierte Gentrifizierung in unserem Stadion, Tittenshows bei jedem Tor und bunte LED-Banner mit lustigen Grußbotschaften auf drei Tribünen – was wohl lässt sich der „etwas andere Verein“ als nächstes einfallen? Die Geldbeschaffungsmaschinerie namens Bundesliga lässt Raum für jede noch so kreative abstruse Idee.

Schlechte Aktion in schlechter Qualität
Nun, zumindest letztere ging an mir vorbei. Da ich das Privileg genieße einen Platz ganz oben in Block1 mein Eigen zu nennen, verwehrte mir das Dach der Gegengeraden den Blick auf die LED-Banner. Der Umstand, dass ich mir den Hals verrenken musste, um diesen unsäglichen Dreck sehen zu können, mindert meinen Ärger aber keineswegs. Eines verspreche ich euch: Wenn diese widerliche Entwicklung der zügellosen Kommerzialisierung und damit die Zerstörung aller Werte, die wir uns in den letzten 25 Jahren erkämpft haben, nicht abrupt ihr jähes Ende findet, dann bin ich spätestens weg, wenn die Gegengerade abgerissen wird.

Allerdings bin ich recht zuversichtlich, dass sich dies noch ein wenig hinziehen wird. Schenke ich den Gerüchten Glauben, die mir zu Ohren gekommen sind, so wurden statt der ursprünglich veranschlagten 32 Millionen €uro für den gesamten Stadionausbau bisher schon 40 Millionen nur für die ersten beiden Tribünen verballert, ohne Eigenkapital wohlgemerkt. Wenn’s jetzt noch mit der Bürgschaft der Stadt nicht klappt – und danach sieht es im Moment ja aus – dann wird’s eng mit dem Weiterbau, oder?

Wenigstens die Mannschaft scheint auf unserer Seite zu stehen und tut zurzeit alles Erdenkliche dafür, dass wir in der nächsten Saison wieder in einer besseren Liga spielen. Dann bin ich mal gespannt, ob die Logen und Business-Seats immer noch wie geschnitten Brot weggehen. Ich schätze die Situation da ein wenig anders ein als beispielsweise Norbert und behaupte mal, dass das ein schwieriges Unterfangen wird. Denn es stellt einen Unterschied dar, ob man als aufstrebendes Team durch die zweite Liga marschiert, dadurch einen Hype forciert und somit das Event-Gesindel anzieht oder ob man eben als ernüchterter Absteiger in der 2. Liga aufschlägt. Als bekennender Querulant bin ich natürlich gespannt, ob der Karren dann endgültig an die Wand fährt.

Wenigstens müsste der Verein dann keine Rundumsorglospakete für besonders wichtige zahlungskräftige Personen mehr anbieten und damit den armen Schwarzmarkthändlern das Wasser abgraben.

Einst persiflierte Slime die Ode vom Soldatenabschied (Würg!) des Faschisten Heinrich Lersch. Damit wir diesen Song nicht noch einmal in „St. Pauli muss sterben, damit wir leben können“ umdichten müssen, lest, unterzeichnet und verbreitet die Petition der Sozialromantiker.

Zeigt den Totengräbern des magischen FCs,
wer hier am längeren Hebel sitzt!



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Dienstag, 21. Dezember 2010

Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?

Meine Fresse war die aufsteigende Kälte am Sonnabend widerwärtig. Aber so ist das wohl im Winter. Deshalb wird mich wohl auch niemand als neuen Messias feiern, wenn ich prophezeie, dass der heißeste Tag dieses Jahr schon durch ist. Wieso sich trotzdem manche noch im Sommermärchen 2010 wähnen, erscheint mir als unlösbares Rätsel.

Was ich mir sportlich Woche für Woche reintun muss, nährt die Hoffnung lässt befürchten, dass es nach der Anfangseuphorie in der Bundesliga weiterhin rapide bergab geht. Da stellt das Spiel gegen Mainz lediglich denn bisher traurigen Höhepunkt dar. Das bittere sind nicht allein die vier viel zu leicht erzielten Gegentore, sondern die Tatsache, dass die Mannschaft zu keiner Sekunde des Spiels in der Lage war, auf die Situation zu reagieren – von agieren in einem Heimspiel will ich ja gar nicht sprechen. Gut, wir haben auch zwei Dinger gemacht. Einen Elfer, über den man höchst kontrovers diskutieren kann und einen abgefälschten Sonntagsschuss. Aus dem Spiel heraus kam: NICHTS!

Bezeichnend, dass der magische FC allenfalls geringfügige Gefahr auszustrahlen vermochte, wenn er es mit lang Hafer versuchte und irgendwie die zweiten Bälle erobern konnte. Warum also lief die Kugel bei den Mainzern und führte zu wunderbar herausgespielten Toren? Weil die es einfach versuchten und obendrein von Denen niemand einen Sommernachtstraum döste. Wird Zeit aufzuwachen. Der wunderbare Sommer mit Aufstieg und Feierlichkeiten ist vorbei. Der triste Winter hat Einzug gehalten. Und wenn das nicht bald jeder merkt, dann wird’s diese Saison nix mehr mit eitel Sonnenschein!


Ach so, und dann gab’s neben Sport und Eiseskälte ja auch noch das ganze tolle Drumherum. Aber eigentlich habe ich überhaupt gar keine Lust, die ganze Scheiße hier runter zu leiern und verweise der Einfachheit halber auf Frodo, der dies vorzüglich getan hat.

Positiv anzumerken bleibt noch, dass wenigsten Susi ihr Versprechen gehalten hat. So durften aus Gründen der Gleichberechtigung auch mal ein paar süße Boys an der Stange rummachen. Das folgende Bildmaterial, welches mir auf undurchsichtigen Wegen zugespielt wurde, möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten.

Hier seht ihr exklusiv auf OTT, was sich am Sonnabend im notorischen Séparée abspielte:

Herzerwärmend, wie ich finde!



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Donnerstag, 16. Dezember 2010

Gute Omen, keine Punkte – ein Tag in Bayern

Gastartikel von Dirty Dietz

Wer hätte gedacht, dass ich Nordlicht mal in Bayern landen würde? Na gut, Franken, um genau zu sein – und das nehmen die Menschen hier (zu Recht) sehr genau. Tatsächlich lebt es sich im Landstrich der Erstligaaufstiege (Nürnberg ’95 ; Fürth ’10) gar nicht mal so schlecht. Außerdem gibt es reichlich Südvereine in der ersten Bundesliga, und das bietet Gelegenheit, das eine oder andere Auswärtsspiel des ruhmreichen FC St. Pauli anzuschauen. Nun sollte es also zu den Bayern gehen. Und das war so:

06:45 Uhr

Eigentlich wollte ich noch eine Stunde schlafen, aber meine Tochter hat etwas dagegen. Aus kurzer Entfernung ertönt lautes Schmatzen und ab und zu ein Grunzen, das mich irgendwie an mich selbst vor dem ersten Bier erinnert. Auch bei Luise ist es ein untrügliches Zeichen für: DURST. Na gut, dann also gemeinsames aufstehen und statt eines richtigen Frühstücks Milchkaffee für mich und Babymilch für Luise. Braun und weiß – wenn das man kein gutes Omen ist!

08:30 Uhr

Mache mich auf den Weg zum Bahnhof. Überraschung: Straßenbahn fährt trotz Schneedecke. Komme tatsächlich um einiges zu früh am Regionalexpress Richtung München an. Das ist auch gut so, denn er ist schon 15 Minuten vor Abfahrt rappelvoll, was einige ältere Herrschaften auf dem Weg zum Weihnachtsshopping sichtlich irritiert. Mir bestätigt die große Zahl an Riberys, Schweinsteigers usw. nur, dass wohl tatsächlich die wenigsten Bayern-Fans aus München kommen...

11:00 Uhr

Ankunft München Hauptbahnhof. Mein iPod steht auf Shuffle und was ertönt, als wir in den Bahnhof einfahren? Die Glocken von Hells Bells. Nun kann doch wirklich nichts mehr schief gehen!

12:00 Uhr

Treffen mit meinem alten Kumpel Thoddy und seinen Kumpels vom Fanclub Hafenklang im Andechser am Dom. Weißwurst mit süßem Senf: braun-weiß – wer sagt’s denn?!

14:15 Uhr

Stapfen von der U-Bahn dem Ding entgegen – weißer Schnee und brauner Matsch wohin man schaut. München hatte ich mir schöner vorgestellt. Aber die Farben sprechen für uns.

14:45 Uhr

Wir sind ganz oben angekommen. Im Stadion. Was ist das da unten? Ach, die Spieler. Das Wetter ist mies und unterscheidet sich damit deutlich von den Schönwetterpartien gegen die 60er. Da waren die Spiele immer fürchterlich – das heißt also...

14:55 Uhr

Ohrenschmerzen. Muss an der „Stadionmusik“ liegen. Unglaublich, aber vermutlich zielgruppenadäquat oder wie das heißt… Schnell wieder raus, Bier holen. Aber zunächst unter starkem Zittern Bayern-Bezahl-Karte kaufen. Danach ab in die Schlange. Ein Bier – na gut, sagen wir vier. Die anderen sollen ja auch nicht leben wie die Hunde.

15:15 Uhr

Man hält mich am Eingang zu den Plätzen auf. Mit Bier kein Eintritt. Man könnte ja auf die Idee kommen, das Zeug auf die Bayern-Fans in der unteren Etage zu schütten. Bin mir mit dem Ordner einig, dass das ein Skandal sei (nur aus unterschiedlichen Gründen). Überlege kurz, wie die Chancen stehen, die vier Bier noch entspannt vor dem Anpfiff zu trinken. Entscheide mich für eins und verkaufe die drei anderen meistbietend an die zahlreichen Bayern-Bezahlkarten-Verweigerer. Die Zahlungsbereitschaft ist erstaunlich. Habe damit die Eintrittskarte wieder raus. Überlege, ob das ein Geschäftsmodell mit Zukunft wäre.

15:30 Uhr

Anpfiff

15:48 Uhr

Altintop. Den muß man ja nicht angreifen. Ist wirklich nicht nötig. Oder vielleicht doch? Zu spät. Verdammt!

16:15 Uhr

Halbzeit. Sieht eigentlich ganz ordentlich aus. Wir spielen munter mit.
Trotzdem zwei altkluge Hinweise von meiner Seite
1. Auch mal einen rein machen, ist nicht verboten.

2. Schnell abspielen ist prima, aber hat Stani noch nicht erklärt, dass es auch darauf ankommt, wohin der Ball gespielt wird? Leider sind 80 Prozent aller hart erkämpften Bälle nach vier Sekunden wieder beim Gegner.
Kurzzeitgedächtnis funktioniert noch: kein Bier gekauft.

16:30 Uhr

Anpfiff zweite Halbzeit. Wenn einem in Hamburg etwas schmeckt, sagt man so was wie „Kann man essen“. Auf den Fußball übertragen heißt das in etwa „Hab schon Schlechteres gesehen“. Sieht also immer noch ganz gut aus. Spielen munter mit. Altkluge Hinweise gelten aber leider noch immer.

16:56 Uhr

Herr Rafati pfeift Elfmeter und gibt Kessler auch noch rot. Wieso eigentlich? Tippe auf 15 Spiele Sperre. Hain sitzt anscheinend gerade auf dem Topf oder muß noch die Badelatschen gegen Buffer tauschen. Das Warten macht Lahm leider gar nicht nervös. 2:0.

16:58 Uhr

Babak Rafati wertet die Extremität, die rechts aus Tymoshchuks Schulter hängt, als Fuß und verweigert den Elfer. Also, ich war nur knapp zwei Kilometer Luftlinie weg, aber…

Naja, vielleicht wollte Rafati uns nur die Peinlichkeit ersparen, auch den Elfer zu verballern. Schließlich waren mit Zambrano, Thorandt und Tiffert die letzten drei Torschützen allesamt nicht auf dem Platz...

Hm, damit war’s das dann in jedem Fall.

17:20 Uhr

Schweinsteiger gibt seinen Wechsel ans Millerntor bekannt, aber das geht leider im Pfeifkonzert meiner Nebenleute unter.

19:00 Uhr

Sitze wieder in der Bahn nach Nürnberg. Im Frankenland ist es für den St. Pauli-Fan an sich doch am schönsten. Wir sehen uns auf drei Punkte im März 2011!

Dirty Dietz



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