Montag, 29. März 2010

Glorreicher Sieg oder verheerende Niederlage?

Selten ist im Vorfeld eines Spieles soviel diskutiert worden, wie vor der Partie gegen den FC Hansa Rostock. Sollte man die zwischen dem Präsidium des FC St. Pauli und der Polizei getroffene einvernehmliche Lösung einfach hinnehmen oder sollte man seinem Unmut gegen die massive Einschränkungen der Fanrechte und deren unabsehbare Folgen äußern? Und, sollte man sich für Letzteres entscheiden, wie sollte der Protest aussehen? Wie erreicht man eine breite Aufmerksamkeit der Medien ohne dabei der eigenen Mannschaft zu schaden oder gar den von Allen herbeigesehnten Aufstieg zu gefährden?

Nun, nehmen wir mal das Positive vorweg.Am Wochenende tauchten in Hamburg weitaus weniger Gewalttouristen auf, als befürchtet. Die 100 Kameraden von der Ostsee, die sich am Sonntag an der U-Bahn Station St. Pauli in einem grünen Kessel wiederfanden, waren wohl die selben, die am Sonnabend unsere Fans zum Tanze baten. In einer renommierten St. Paulianer Gaststätte tauchte ein handgeschriebener Zettel auf, der sinngemäß zum Kräftemessen im Stadtpark aufrief. Der Besonnenheit der St. Paulianer und keineswegs der Strategie der Polizei ist es zu verdanken, dass niemand der Einladung folgte und es deshalb in Barmbek und Winterhude ruhig blieb. Man ließ den vor Testosteron strotzenden Mob einfach im Regen stehen. Klasse!

Dass der Gästeblock im Stadion leer bleiben würde, war schon seit längerem bekannt. Nun aber war zu Spielbeginn auch die komplette Südtribüne wie ausgestorben. Dieses Faktum werte ich als großen Erfolg. Denn sämtliche Medien, Print wie Fernsehen, sind auf das Thema aufmerksam geworden und haben sich der Sache angenommen. Zwar wird die Problematik nicht überall bis ins kleinste Detail erörtert, aber die Fußballfans über Hamburgs Grenzen hinaus sind zumindest für die Thematik sensibilisiert. Mehr war in der kurzen Vorlaufzeit, mit den beschränkten Mitteln und den selbstauferlegten Randbedingungen – kein Schaden für die Mannschaft – einfach nicht möglich.

Jegliches Verständnis geht mir allerdings für die Leute ab, die mit teilweise physischer Gewalt versuchten, die Protestaktion zu torpedieren. Die Aktion konnte nur mit einer ganz leeren Tribüne funktionieren. Halbleer wäre in diesem Fall eben auch halbvoll gewesen und DSF und Konsorten hätten vermutlich kein Wort auf diese Angelegenheit verschwendet. Sicherlich ist es ein zweischneidiges Schwert, Leute durch eine Blockade daran zu hindern, ihre Plätze einzunehmen. Aber in diesem Zusammenhang gar von Freiheitsberaubung zu sprechen, finde ich, gelinde gesagt, doch etwas weit hergeholt. Wohlgemerkt sprechen wir über läppische fünf(!) Minuten, die die Einlässe gesperrt waren. Ein kleines Opfer, das eigentlich jeder, der sich den Erhalt der Einzigartigkeit unserer Fanszene wünscht, zu bringen bereit sein sollte.

Nur um es noch einmal in Erinnerung zu rufen, der Verein steht heute bundesweit nicht auf Rang Fünf der Merchandisingumsätze, weil wir jahrelang lausigen Drittligafußball ertragen mussten, geschweige denn, weil wir so einen geilen Präsidenten haben. Was die Menschen am FC St. Pauli fasziniert, ist die nach wie vor andersartige, innovative und progressive Anhängerschaft. Hier liegt doch das wahre Kapital des Klubs. Das sollte sich mal jeder klar vor Augen halten, bevor anfängt, laut rumzukrakeelen.

Bloß schade, dass diese Fanszene nicht den Mund hält und ihre Augen verschließt, wenn zum wiederholten Male ihre Interessen und Freiheiten angegriffen werden, wenn sie immer und immer wieder belogen und hintergangen wird. Was nützt der schönste Dialog, wenn der Konsens hinterher schlichtweg ignoriert wird? Nicht wahr, Herr Präsident?

Wer weiterhin den ungeschminkten Mythos St. Pauli erleben will, der muss eben auch mal die ein oder andere kreative Protestaktion in Kauf nehmen, auch wenn das im Einzelfall mal die Beschneidung der individuellen Interessen zur Folge hat.

Wer das nicht einsieht, dem rate ich für die Zukunft dringend, sich die Spiele in höchster HD-Qualität und vielleicht bald sogar in 3D, auf dem neuen Flachbildfernseher anzuschauen. Da sieht man sowieso viel besser, wenn auch man gewisse Abstriche in bezug auf die Atmosphäre machen muss. Aber was ist das schon für ein Preis, wenn man dafür mit selbst geschmierten Schnittchen im warmen Wohnzimmer garantiert rechtzeitig auf seinen Plätzen is(s)t?



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Mittwoch, 24. März 2010

1, 2, 3 – Letzte
Chance vorbei!

Nun ist es also amtlich! Das Präsidium um unseren Sonnenkönig weigert sich mit Vehemenz, der Forderung der aktiven Fan-Szene zu folgen und gegen die Verfügung der Polizei, das Gästekartenkontingent auf 500 Tickets zu limitieren, zu klagen. Ob eine Klage nun aussichtslos erscheint oder sogar den viel zitierten Präzedenzfall schaffen würde, der der Staatsmacht für die Zukunft Tür und Tor öffnen würde, darüber lässt sich wahrlich streiten.

Allerdings haben wir jetzt mit der sogenannten 500er-Lösung die denkbar schlechteste aller Varianten an der Backe. Verlieren können dabei nur die Fußballfans. Verläuft am Sonntag wider erwarten alles friedlich, fühlt sich die Polizei in ihrem Vorgehen bestätigt, knallt es dennoch, dann waren selbst die 500 Gäste noch zu viel.

Aber noch einmal der Reihe nach. Am 9. März gab es ein Treffen zwischen den Präsidien und den Fanvertretern beider Vereine. Dabei kam von Rostocker Seite der Vorschlag, das Gästekontingent von 1900 auf 1400 zu reduzieren. Dieser Vorschlag wurde von allen beteiligten Seiten für akzeptabel befunden und anschließend der Polizei vorgetragen. Statt nun aber auf der verabredeten Zahl von 1400 zu beharren, ließ sich unser allseits geliebter Fanpräsident auf schlappe 500 Gästekarten runterhandeln und verkaufte diesen faulen und vor allem nicht abgestimmten Kompromiss auch noch als einvernehmlichen Lösung, zur bestmöglichen Wahrung der Interessen und Rechte der Fans.
Nur nebenbei bemerkt biss Corny vorab selbst bei der DFL auf Granit, als er versuchte, alle Rostocker Fans vom Spiel auszuschließen. Das war jedoch selbst der DFL zu heiß, denn die wollten sich logischerweise nicht zum Feindbild sämtlicher Fußballfans in Deutschland machen. Aber das sei nur mal so am Rande erwähnt.

Jetzt haben die Rostocker ihre eigenen Konsequenzen gezogen und beschlossen, das Spiel komplett zu boykottieren und fügen somit dem FC St. Pauli wenigstens noch den größtmöglichen wirtschaftlichen Schaden zu. Und ganz ehrlich: Ich kann sie sogar verstehen! Das Statement des FCH findet ihr hier.

Da wäre mir eine vom Team Green verfügte „Nulllösung“ ungleich lieber gewesen. Zwar ist der Ausschluss von Gästefans eine Zumutung am Rande des Hinnehmbaren, aber immerhin hätte der FC St. Pauli solch eine Verfügung der Polizei – eine anschließende gerichtliche Klage hin oder her – aufs Schärfste verurteilen können. Fans und Präsidium hätten Schulter an Schulter gestanden und es hätte eine gemeinsame, klare Aussage geben können:

„Not in our name!“

Diese Chance hat Herr Littmann durch seinen erneuten Alleingang wieder einmal leichtfertig vertan. Schade! So bleibt den kritischen Fans nichts anderes übrig, als am Sonntag mit verschiedenen Aktionen auf die unerträglichen Zustände hinzuweisen. Im schlimmsten Fall verliert das Spiel durch die Uneinsichtigkeit des Präsidiums den Heimspielcharakter und womöglich geht das Spiel deshalb verloren. Dann haben wir in der kommenden Spielzeit wieder zwei Derbys gegen Hansa im Terminkalender stehen. Und jetzt glaubt wohl keiner ernsthaft, dass wir für die Partie an der Ostsee mehr als 500 Karten bekommen werden.

Also Leute, verfolgt die einschlägigen Kanäle und informiert euch über etwaige geplante Protestaktionen und lest das Flugblatt, das am Sonntag in großer Auflage verteilt werden wird.

Beteiligt euch rege, denn hier geht es um mehr, als ein bloßes Fußballspiel. Es geht um mehr, als den Aufstieg. Es geht um unsere ureigenen Interessen und Freiheiten als Fußballfans!

Dafür lasst uns gemeinsam mit allen erdenklichen, friedlichen Mitteln kämpfen!





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Montag, 22. März 2010

Herzlichen Glückwunsch
Mr. President!

Auch wenn ich mich wohl damit abfinden muss, dass der schöne Fußball der Hinrunde leider nicht mehr stattfindet, scheint es nach diesem Wochenende fast unvermeidbar, dass wir am Saisonende mindestens als Dritter dastehen. Die Stolpperer der Konkurrenz und die Entscheidung des DFB dem Verein aus der Stadt, die es nicht gibt, ein paar Punkte abzuziehen, lassen mich einsehen, dass es in dieser Phase der Saison wohl nur noch darum geht, Ergebnisse einzufahren. So hat am Freitag eine starke Willensleistung, die aber spielerisch keinesfalls überzeugend war, gepaart mit einer gehörigen Portion Glück und einem Keeper, der vielleicht das Spiel seines Lebens ablieferte, zu einem knappen Sieg in der Lausitz gelangt.

Somit bleibt es im zehnten Spiel der Rückrunde bei lediglich einer überzeugenden Halbzeit gegen Duisburg. Egal, Schwamm drüber und den Blick nach vorne gerichtet. Schließlich steht am kommenden Sonntag das Spiel des Jahres an. So zumindest empfinde ich nach wie vor die Derbys gegen Rostock. Dabei spielt die Tabellensituation keine Rolle - gegen die Ostseestädter brennt immer die Luft. Mal ehrlich, unabhängig davon, was für ein Gesocks unter dem Deckmantel des Begriffs Fußballfans speziell gegen uns im Dunstkreis der Kogge unterwegs ist, ein Derby ohne Gästeanhang ist fade und nicht akzeptabel.

Wer jetzt noch mit dem Argument um die Ecke kommt, das Problem würde sich am Ende der Saison sowieso von selbst lösen, ist schlichtweg dumm und hat aber auch rein gar nicht begriffen.

Wenn unser lieber Herr Polizeipräsident Fanpräsident jetzt nicht alle erdenklichen rechtlichen Maßnahmen ergreift, den nicht hinnehmbaren Beschluss, nur eine Handvoll Rostocker ins Stadion zu lassen, rückgängig zu machen, dann kann er sich auf diverse beeindruckende Protestaktionen am Sonntag gefasst machen.

Wir wollen keinen Präzedenzfall am Millerntor, der jeglicher Repression für die Zukunft Tür und Tor öffnet!

Die letzte Stellungnahme des ständigen Fanausschusses zu diesem Thema mit der schaurigen Entwicklung der Ereignisse könnt ihr übrigens im ÜBERSTEIGER-Blog detailiert nachlesen.

Abgesehen von aller Diskussion scheint dieser Aufruf der Rostocker unsere schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen und dem Hauptargument von Corny und seinen Lakaien sämtlichen Nährwert zu entziehen.

Der Pöbel wird trotzdem bei uns auftauchen. Mit dem feinen Unterschied, dass es diesmal sehr schwer sein wird, dem nicht kontrolliert anreisenden Mob Einhalt zu gewähren.

Herzlichen Glückwunsch Mr. President!



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