Freitag, 11. Juni 2010

Pauli, Pauli über Alles

Das Warten hat ein Ende und endlich rollt das runde Leder beim größten Sportturnier der Welt. Diese Freude lasse ich mir nicht von all den ewigen Nörglern kaputt machen.

Gut, der ausrichtende Verband besteht aus einem undurchsichtigen Geflecht von Korruption und Vetternwirtschaft. Ja, der südafrikanische Staat investierte Milliarden in moderne Arenen und die dazugehörige Infrastruktur, während vom versprochenen Bau von Schulen und öffentlichen Krankenhäuser heute keiner mehr etwas wissen will. Ok, die Ärmsten der Armen bleiben auf der Strecke, weil die zahlungskräftigen Touristen sich lieber am Fraß eines weltweit agierenden Burgerbräters den Magen verderben laben sollen, anstatt sich an den traditionellen mobilen Küchen vor den Stadien zu verköstigen. Diese sind in der für offizielle Sponsoren reservierten Bannmeile selbstreden nicht zugelassen und deshalb wird aller Voraussicht nach auch kein müder Rand in die verelendeten Townships fließen. Und ja, meinetwegen wird in gut vier Wochen warhrscheinlich kein Schwein mehr etwas mit den zum Teil 90.000 Menschen fassenden Arenen anzufangen wissen, denn die Spiele der heimischen Liga werden im Schnitt nur von Fans im einstelligen tausender Bereich besucht.

Na und? Scheiß der Hund drauf!

Soll ich mir deshalb die Laune verderben lassen? Gerade jetzt, wo die ganze Welt zusammenkommt, um ein riesiges, friedliches Fest zu feiern? Die Nationen schicken ihre besten Spieler an den Start und so hat zumindest theoretisch jedes Land die Chance, den begehrten Pokal mit nach Hause zu nehmen. Immerhin können die reichen Nationen nicht die besten Akteure zusammenkaufen, wie dies im Clubfußball der Fall ist. In der heute ach so stürmischen Zeit hätte Peter Zwegat den Griechen ansonsten wohl auch schon lange den Ausverkauf ihres Nationalteams nahe gelegt. Seien wir ehrlich, ohne Mannschaft hätte auch der innovative Fußball König Ottos I. keine Aussicht auf Erfolg.

Und ganz nebenbei zelebriert eine junge deutsche Truppe trotz des gleichermaßen schwerwiegenden wie tragischen Ausfalls ihres Führers Kapitäns so tollen und hoffnungsvollen Spaßfußball. Ausgerechnet jetzt, da es seit der WM ’06 endlich wieder erlaubt ist, ungeniert stolz auf dieses Land zu sein, das so schrill, so bunt, so anders ist, soll ich mir meinen Enthusiasmus von ein paar schwarzmalerischen Sozialromantikern nehmen lassen? Gerade jetzt, wo ich eben mein Auto mit Fahnen, Aloha-Kette und Rückspiegelschonern ausstaffiert habe? Mit Sicherheit nicht!

Verantwortlich für den tollen Fußball, den die Nutella-Boys zurzeit spielen, ist eine seit einigen Jahren zu beobachtende Entwicklung in Deutschland. So setzten viele Proficlubs vermehrt auf deutsche Talente anstatt auf mittelmäßige Ausländer. Als Primus unter den Verfechtern dieser großartigen Philosophie tritt natürlich unser über Alles geliebter FC St. Pauli auf, der nach aktuellem Stand mit einem rein deutschen Kader in die neue Bundesliga-Saison starten wird. Das ist auch der „Bild“ aufgefallen und sie hatte deshalb die grandiose Idee, den Totenkopf auf Schwarz-Rot-Geilem Grund erstrahlen zu lassen. Schließlich passt eine gesunde Portion Patriotismus zum Image der herrlich verrückten Pauli-Fans wie die Faust aufs Auge, der Arsch auf den Eimer oder schlicht „wie mein Mann Seiner“!

Als kreativem Geist ist mir da natürlich spontan auch noch eine klasse Merchandising-Idee gekommen. Wie wäre es mit Totenköpfen zum Anstecken an Revers und Mütze?


Der Totenkopf ist fast schon ein Vereinssymbol für den FC St. Pauli. Normalerweise prangt er auf T-Shirts oder Sweatern – in dieser Fotomontage schmückt er Kragen und Kopfbedeckung
Das sieht todschick aus und macht mächtig was her! Dazu schmettern wir dann frei nach Hoffmann von Fallersleben inbrünstig die Hymne:

„Pauli, Pauli über alles,
Über alles in der Welt,
Wenn es stets zu Schutz und Trutze
Brüderlich zusammenhält,
Von der Elbe bis zur Alster,
Unser ganzes Leben, unser ganzes Geld,
Pauli, Pauli über alles,
Über alles in der Welt!



Aber wenn ich’s mir recht überlege, gefällt’s mir so eigentlich doch viel besser!



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